Mit vollen Koffern nach Äthiopien und mit prägenden Eindrücken zurück

Unsere Fahrt vom 25.09. bis 06.10. nach Äthiopien mit dem Besuch unserer Patenschule war wieder überaus spannend und erfolgreich. Die Verarbeitung aller Eindrücke dauert noch ein Weilchen, aber ihr werdet demnächst mit einem Reisebericht und vielen Bildern versorgt.

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Hier haben sich die anwesenden Lehrerinnen und Lehrer vor dem Poster, dass uns Herr Kunz von der Fa. New Color gesponsort hat, zu einem Gruppenbild postiert.

10 Tage gefüllt mit neuen Eindrücken – Äthiopien

Unsere Reise begann am 25.09.2016. Von Stendal aus ging es mit den Zug nach Frankfurt, wo wir am Abend unseren Flug nach Addis Abeba nahmen. Auf die Reise machten sich die Lehrer Barbara Birkholz und Detlev Pohl, die Mitglieder der Stendaler Initiative Jürgen Roswandwitz und Dieter Wartenberg und wir, die Schülerinnen Lisa Schneider und Flora Hauwetter.

Mit einem Nachtflug ging es nach Äthiopien, wo wir früh am Morgen ankamen und abgeholt wurden. Gerade angekommen prasselten die ersten Eindrücke auf uns ein: überall Schafe, Reichtum trifft auf Armut, Chaos, Schmutz, überall Baustellen und wo ist das Ende dieser Stadt? Am Ankunftstag wurde geplant, wohin wir die kommenden Tage ins Land fahren würden, wir erkundeten Addis Abeba und am späten Nachmittag gingen wir zu einer Mesket-Zeremonie auf dem zentralen Platz der Stadt. Wir erfuhren, dass diese zur Erinnerung an die Entstehung der christlichen Religion organisiert wurde und stießen zum ersten Mal  wir auf die starke Präsenz des Militärs. Die gesamte Zeremonie wurde von zahlreichen Polizisten und Soldaten überwacht, die Menschen ordneten sich in Reihen regelmäßig an, es gab Umzüge verschiedener Gruppen und die Zeremonie wurde mit einem riesigen Feuer in der Platzmitte beendet. Es wurden an alle Anwesenden zuvor kleine Fackeln ausgeteilt, die angezündet und in den Händen gehalten wurden. Ein mulmiges Gefühl machte sich  unter uns breit, denn hier in Deutschland wäre so etwas nicht vorstellbar. Die Äthiopier aber blieben geordnet, keiner geriet in Panik und wir durften feststellen, dass diese Nation sehr friedlich ist, gerade bei religiösen Veranstaltungen. Der nächste Tag begann früh und wir brachen auf in den südlichen Teil des Landes. Vorbei an Sodo und Arba Minch gelangten wir in den folgenden Tagen ins sehr südlich gelegene Jinka. Auf der Fahrt sahen wir viele unterschiedliche Vegetationszonen, die schlagartig, aufgrund der sich verändernden Höhen- und geografischen Lage, abwechselten. Am ersten Reisetag durch Äthiopien trafen wir immer wieder auf Jungsgruppen auf den Straßen, die einen Tanz mit Stöcken vorführten und uns meist zum Anhalten zwangen. Interessiert haben wir sie dabei beobachtet und den Kindern Süßigkeiten ausgeteilt. Wir fragten uns, warum denn keine Mädchen zu sehen waren und wir bekamen erklärt, dass an diesem Tag der Festtag der Männer war und dass die Frauen einen Festtag an einem anderen Datum haben. Wir besuchten auf unserer Reise eine Kirche aus Basalt, die nur zu erreichen ist, wenn man die große Straße verlässt und 30km auf eine Nebenstraße ins Land weiterfährt. Die Kirche wurde von den Menschen vor ca. 1000 Jahren nach unten in das Gestein geschlagen und ist von außen kaum erkennbar. Wir gingen hinunter, bekamen eine Einweisung und Erklärungen, welche Rituale dort in einer Zeremonie durchgeführt werden. Dazu muss erwähnt werden, dass einige Äthiopier sehr schwer zu verstehen sind und wir uns sehr anstrengen mussten den Worten des Guides zu folgen. Auf dem Weg nach Arba Minch besuchten wir den ersten Stamm: die „Dorze“. Sie leben hoch oben in den Bergen auf ca. 2500m Höhe und haben uns herzlichen willkommen geheißen. Sie zeigten uns wie sie leben, wie sie Stoffe weben und falsche Banane herstellen. Falsche Banane ist ein sehr dünnes Fladenbrot aus Bananenbaumblättern. Dazu werden diese abgeschabt, für mehrere Wochen zum Gären in der Erde vergraben und letztendlich wird daraus ein dünner Teig hergestellt, der über einem kleinen Feuer angebraten wird. Nach dem Kennenlernen eines für das Volk typischen Getränkes, durften wir an einem Tanz und Gesang teilnehmen. Wir wurden von den singenden und tanzenden Mädchen mit einbezogen, wir lachten sehr viel und am Ende kauften wir als Dankeschön von ihnen selbst gewebte Schäle.  In Arba Minch angekommen besuchten wir einen Markt. Zu diesem Zeitpunkt haben wir aus Respekt und Scham den Einheimischen gegenüber keine Fotos gemacht, denn diese Armut, die wir dort in den Seitenstraßen sahen, war beeindruckend und erschütternd zugleich. Am nächsten Tag auf dem Weg nach Jinka hielten wir beim Volk „Keyafer“ an. Dort trugen nun die Männer Röcke und waren mit farbenprächtigem Schmuck verziert. Wir besuchten einen typischen Markt, sahen wunderschönes Handwerk, unser Verhandlungsgeschick wurde  auf die Probe gestellt und die einheimischen Kinder wollten kaum unsere Hände loslassen. Für einige war es womöglich das erste Mal, dass sie einen „Weißen“ in ihrem Leben sahen. Abends in Jinka angekommen, gingen wir früh schlafen und am nächsten Tag machten wir uns auf den Rückweg in Richtung Hauptstadt. Wir  nahmen uns nun sehr viel Zeit an den Wegen anzuhalten, Völker zu besuchen, um einen noch tieferen Einblick in die Kulturen zu bekommen. Beim Volk „Hare“ trafen wir auf eine Familie, der Mann hatte zwei Frauen, mit der einen 14 Kinder und mit der anderen, die gerade einmal 19 Jahre alt war, bekam er schon das zweite Kind. Auf dem Hof verteilt lag überall Tierkot und die Kinder schliefen in Hütten mit einem Durchmesser von fünf Meter auf dem Boden, die Jungen bei dem Vater und die Mädchen bei der Mutter. Die Kinder waren alle sehr ungepflegt, trugen Kleiderlumpen am Körper und den kleineren fehlte oftmals die Hose. Die Fahrt ging weiter und wir trafen auf eine Familie des Volkes „Bena“. Die Familie hatte einen schönen, sauberen Hof mit Vorratskammern für Hirse und einigen Tieren und war zurecht stolz auf ihren Besitz. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, wir fragten nach dem Alter, aber niemand aus der Familie konnte sagen, wie alt er genau war. In dieser Region, wo wir uns aufhielten, leben viele verschiedene Völker nebeneinander, oftmals nur 10 Kilometer voneinander getrennt und als Besucher bekommt man so in sehr geringer Zeit sehr viel zu sehen, denn jede Ethnie hat ihre eigenen Lebensweise, traditionelle Kleidung und Schönheitsideale. Das dritte Volk, das wir an diesem Tag besuchten, waren die „Hamer“. Wie stellen sie Essen her? Wie machen sie Kaffee und wie leben sie? Das durften wir im Haus einer Familie mit sechs Kindern sehen. Den Jugendlichen haben wir Traubenzucker gegeben, zuerst skeptisch und mit der Frage, ob das Medizin sei, schauten sie uns an, bis wir ihnen zeigten, wie man Traubenzucker isst. Mit verzerrtem Gesicht probierten sie und sagten uns, dass das nichts für sie wäre. Wir fuhren weiter und trafen nach etwas längerer Zeit auf die „Samei“. Ein Volk, das in einem sehr trockenem Teil Äthiopiens wohnt, aufgrund der Hitze mittags nur im Schatten sich aufhalten und keine Landwirtschaft betreiben kann. Dieses Volk kennzeichnet sich durch sehr schönen Perlenschmuck um die Arme und Beine und durch schwarze Musterstreifen, die mit Farbe ins Gesicht gemalt werden. Die „Gwadi“ waren das letzte Volk an diesem Tag. Bei denen konnten wir leider nur zwei Minuten bleiben, wenige Fotos machen und mussten aufgrund der Lage sofort weiter. Die Menschen dieses Volkes drücken ihre Zugehörigkeit mit roter Kleidung aus. Leider haben sie bei uns einen eher negativen Eindruck hinterlassen, da sie sehr aufdringlich waren, an der Kamera und an unseren Sachen zerrten. In Arba Minch kamen wir abends im Dunkeln an und auf dem Rückweg vorbei an Sodo nach Hossana hielten wir spontan bei den „Kambata“. Dort bekamen wir das erste Mal eine Familie zu sehen, die nach äthiopischen Auffassungen im Wohlstand auf dem Land lebt. Zum Besitz gehörte eine große Bananenbaumplantage mit einzelnen Kaffeepflanzen dazwischen. Das Haus war geräumig mit einer sehr hohen Deckenhöhe und an der Wand eines Kinderzimmers hing das Periodensystem der Elemente, das uns darauf schließen ließ, dass die Kinder dieser Familie zur Schule gehen. In Hossana angekommen, übernachteten wir in einem sehr schönen großen Hotel und fuhren nun nach Welkite weiter.

Am vorletzten Tag, den wir in Äthiopien verbrachten, fuhren wir morgens von unserem Hotel in Welkite nach Shafamu zur Schule. Nach ca. 20 km auf asphaltierter Straße bogen wir ab auf eine Schotterstraße. Uns wurde gesagt, dass wir von dort nur noch 10 Kilometer von unserem Ziel entfernt seien, aber diese Kilometer erstreckten sich aufgrund der geringen Fahrgeschwindigkeit endlos lang. Vorbei an Getreidefeldern, einer anderen Schule und an einem koreanischen Projekt zur Verlegung von Wasserleitungen, kamen uns zahlreiche andere Busse und Laster entgegen gerast. Wir sprachen gerade darüber, dass beim letzten Besuch 2014 die Gruppe die letzten Kilometer zu Fuß gehen musste und prompt mussten wir an einer schlammigen Stelle stoppen. Mit dem Bus ging es nicht mehr weiter und nach einigen Versuchen das Schlammloch zu füllen, nahmen wir unsere Sachen und gingen zu Fuß weiter. So trafen wir auf Shafamu. In Äthiopien spricht man von einem Dorf, wenn sich auf fünf Kilometer einige Lehmhütten befinden, weit voneinander entfernt und man bei einer Hütte oftmals nicht erahnen kann, dass sich danach überhaupt  noch etwas befindet. Leider guckten wir nicht auf die Uhr, aber schätzungsweise waren wir eine Stunde unterwegs. Auf der Mitte der Strecke kamen uns der Schulleiter und zwei ältere Schüler entgegen und nahmen uns die Bälle ab, die wir u.a. mitgenommen hatten. Sie erzählten uns, dass in den letzten zwei Jahren Elektrizität bis zur Schule gelegt worden war und nun noch der Anschluss erfolgen müsste, was uns sehr freute. Am Schulgelände angekommen, wurden wir von einer großen Anzahl Kinder begrüßt, die aus den Klassenräumen kamen. Bevor wir in den Unterricht mit den Kindern gingen, sprachen wir mit den Lehrern, was sie sich für die Schule wüschen und welche Dinge neu benötigt werden. Die Kinder sammelten sich dabei an den Fenstern und schauten von außen durch die schmutzigen Scheiben ins Innere. Nach dem Gespräch besuchten wir unter anderem den Englischunterricht, stellten uns in Englisch vor und machten sogar Geografieunterricht mit einigen Kindern. Da die Anreise schon sehr beschwerlich war und für den Folgetag noch heißeres Wetter angesagt war, beschlossen wir noch am selben Tag die mitgebrachten Dinge aus Deutschland, wie Stoffbeutel und Kuscheltiere, und die gekauften Hefte zu verteilen. In der Zeit, in der wir den Schulweg zurücklegten und uns in der Schule aufhielten, holte Abebe (unser Reiseguide und Fahrer) einen Geländewagen und die zu verschenkenden Dinge. In einem separaten Raum sortierten wir die Beutel, Stifte, Stofftiere und Hefte für über 600 Schüler auf verschiedene Haufen, die den Klassen zugeordnet wurden. Die Lehrer bekamen eine Ledermappe mit extra Stiften und einem Block. Nach einem langen aufregenden Tag in der Schule kehrten wir nach Welkite ins Hotel zurück und brachen am nächsten Tag nach Addis Abeba auf, wo wir auf überfüllte Straßen, Menschenmassen und lauten Verkehr trafen. Wir besorgten an diesem Tag alle Lehrbücher, die die Lehrer gewünscht hatten und trafen Absprachen für die neuen Schulbänke, die u.a. von dem gesammelten Geld gekauft wurden. Den Abflugtag machten wir, da alles erledigt und für die Schule besorgt war, zu einem Shoppingtag, wir sahen uns viele kleine Läden an, kauften weitere Souvenirs für die Schüler hier in Deutschland und wurden am Abend zu Abebe und seiner Familie nach Hause eingeladen, bevor kurz vor 24.00 Uhr unser Flieger nach Deutschland startete.

Diese 10 Tage waren gefüllt mit zahlreichen neuen Eindrücken, unbekannten Dingen und viel gemeinsamem Lachen. Es war eine großartige Erfahrung als Schülerinnen mitfliegen zu dürfen und wir würden es immer wieder machen, da wir vieles in Erinnerung behalten werden, das wir uns zuvor nie hätten vorstellen können.

Lisa Schneider und Flora Hauwetter